Im Zuge der Corona-Krise sind viele Betriebe – vor allem aus der Gastronomie und dem Hotelbereich – in Folge der erlassenen Allgemeinverfügungen bis auf weiteres geschlossen worden. Viele hatten sich in dieser schweren Situation auf ihre Betriebsschließungsversicherung (BSV) verlassen. Aber als wäre die Betriebsschließung für die betroffenen Unternehmer nicht schon schwer genug, tun eine Reihe von Versicherern gerade alles, um den ohnehin schlechten Ruf der Branche zu bestätigen.
Ein Großteil der Versicherer hält es mit Anbietern wie Axa, Zurich und Württembergische, die in der Regel nicht zahlen wollen. Andere wie die HDI und die Signal Iduna haben erklärt, dass sie für Corona-Schäden im Rahmen der bestehenden Policen aufkommen. Wieder andere Versicherer – wie beispielsweise die Allianz oder die Provinzial Rheinland – versuchen offenbar mit dem pauschalen Angebot einer Regulierung von 10-15 % die Ansprüche flächendeckend, kostengünstig und endgültig zu erledigen oder den Einzelfall zu prüfen. Und das auch nur unter Bedingung, dass der Versicherungsnehmer sich in einer „Abfindungserklärung“ (Ergo) bereit erklärt, im Nachhinein auf Ansprüche aus der BSV zu verzichten.
Die Argumentation der Versicherer:
Die Versicherer selbst sind grundsätzlich der Ansicht, dass die BSV „im Regelfall nicht greift“. Eine BSV bietet Versicherungsschutz für Unternehmen, deren Betrieb beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger aufgrund Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) geschlossen wird. Die aktuellen Betriebsschließungen wegen des Coronavirus erfolgen allerdings nicht auf der Grundlage des IfSG, sondern aufgrund der von den einzelnen Bundesländern getroffenen Allgemeinverfügungen oder Verordnungen. Aus Sicht der Signal Iduna beispielsweise leistet bei Allgemeinverfügungen prinzipiell keine Betriebsschließungsversicherung.
Auch die Allianz sieht das so und erläutert: „Die Schließung der Betriebe erfolgt aus generalpräventiven Gründen und nicht, weil von ihnen eine unmittelbare Gefahr für die Gesundheit anderer ausgeht.“ Außerdem sei Covid-19 „ein neuer Krankheitserreger“, der nicht unter die versicherten meldepflichtigen Krankheiten der Betriebsschließungsversicherung falle.
Und schließlich liege auch keine Vollschließung des Betriebes vor, da vielen Gastronomie- und Beherbergungsbetrieben die Abgabe und Lieferung von Speisen weiterhin gestattet sei, diese daher „nicht vollständig“ schließen müssten. Zudem müssten „staatlichen Leistungen“ wie Kurzarbeitergeld, Soforthilfen aus Bund und Land, Steuererleichterungen, zinslose Darlehen usw. angerechnet werden.
Meine Einschätzung:
Voraussetzung für den Eintritt des Versicherungsfalls ist in der Regel die Schließung des Betriebes durch eine behördliche Anordnung der zuständigen Behörde aufgrund der Regelungen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Die Schließung der Betriebe erfolgte im Rahmen der Corona-Krise in der Regel durch Allgemeinverfügungen bzw. Verordnungen der zuständigen Ministerien oder der kommunalen Behörden. Seitens einer Reihe von Versicherungen wird in verschiedenen Bundesländern argumentiert, dass eine Allgemeinverfügung keine behördliche Anordnung sei und deshalb kein Versicherungsfall im Sinne der Versicherungsbedingungen eingetreten sei. Dies ist falsch. Eine Allgemeinverfügung ist ein Sonderfall eines Verwaltungsaktes gem. § 35 S. 1 VwVfG, also eine behördliche Anordnung.
Weitere Voraussetzung für den Eintritt des Versicherungsfalls ist die behördliche Anordnung zur Verhütung und Bekämpfung von Krankheiten oder Erregern im Sinne des IfSG. Hier unterscheiden sich die verschiedenen Versicherungsbedingungen teilweise erheblich. Eine Einzelfallprüfung ist daher unerlässlich. Allgemein lässt sich aber sagen: soweit sich der Wortlaut der BSV lediglich auf die §§ 6 und 7 IfSG bezieht, ohne einzelne Krankheiten aufzulisten, stellt eine fehlende namentliche Nennung des Co-Vid19 kein Problem dar. Aber auch wenn auf die in §§ 6 und 7 IfSG namentlich genannten Krankheiten oder Krankheitserreger verwiesen wird, dürfte in der Regel Versicherungsschutz bestehen. Bei einer Infektion durch CoVid19 handelt es sich seit dem 30.01.2020 auf der Grundlage einer entsprechenden Verordnung um eine in § 6 Abs. 1 Nr. 1 IfSG namentlich aufgeführte Krankheit.
Das dritte häufig vorgebrachte Argument geht dahin, dass staatliche Leistungen schadenmindernd anzurechnen seien. Diese Auslegung der Versicherungsbedingungen greift meiner Ansicht nach aber auch zu kurz. Bei den abgeschlossenen BSV handele es sich in der Regel um sogenannte Summen- und nicht um Schadensversicherungen. Es komme daher nicht darauf an, welche Kosten oder Verluste tatsächlich entstanden seien, und damit auch nicht darauf, ob die Einbußen der Betriebe durch staatliche Hilfen gemindert seien. Die Kürzung der Forderung auf 15 Prozent unter anderem mit der Begründung, Einbußen könnten zu einem großen Anteil über die Beantragung von Kurzarbeitergeld etc. abgewendet werden, sind nicht tragfähig. Vielmehr schuldeten die Versicherer pro Tag die vorab vertraglich vereinbarte (am Umsatz orientierte) Tagesentschädigung.
Dass die pauschale Verweigerungshaltung einiger Versicherungen mit den unterschiedlichen Versicherungsbedingungen begründbar ist, darf im Ergebnis stark bezweifelt werden. Natürlich sind die Versicherungsbedingungen der einzelnen Versicherungen aber im Detail unterschiedlich, sodass es im Einzelfall einer genauen rechtlichen Prüfung bedarf, ob die betreffende Versicherung im konkreten Einzelfall leistungspflichtig ist. Bei Fragen hierzu, setzen Sie sich bitte mit mir in Verbindung.