Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.03.2017 – AZ.: 5 AZR 424/16
Im Mindestlohngesetz (MiLoG) ist hinsichtlich der Höhe des Mindestlohns lediglich die Regelung enthalten, dass der Mindestlohn ab dem 01.01.2015 brutto 8,50 EUR je Zeitstunde beträgt. Mit der Verordnung zur Anpassung der Höhe des Mindestlohns wurde dieser erstmalig auf brutto 8,84 EUR je Zeitstunde zum 01.01.2017 angehoben. Es stellt sich insbesondere die Frage, ob und wenn ja welche Lohnbestandteile auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden können.
Unproblematisch sind die Fälle, in denen ein Arbeitnehmer keine zusätzlichen Lohnbestanteile erhält. Dann kann er pro Stunde einen Lohn von 8,84 EUR brutto beanspruchen. Das Mindestlohngesetz selbst spricht nur von 8,84 EUR pro Zeitstunde und enthält keine Regelungen zur Anrechnung anderer Vergütungsbestandteile. Noch nicht abschließend gerichtlich geklärt ist die Frage, wie sich der Mindestlohn zusammensetzt und welche Vergütungsbestandteile ggf. auf diesen Mindestlohn angerechnet werden können. Geklärt ist insoweit, dass die Rechtsprechung des EuGH und des BAG zur Bestimmung des Mindestlohnes und der Anrechenbarkeit von Zulagen nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz auch im Zusammenhang des Mindestlohns zu berücksichtigen ist.
Nach dem EuGH können variable Vergütungsbestandteile dann angerechnet werden, wenn sie eine Gegenleistung für die reguläre Tätigkeit des Arbeitnehmers darstellen. Insoweit hatte das BAG bereits im Jahr 2016 entschieden, dass bei Nachtzuschlägen eine Anrechnung auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht in Betracht kommt, da die Nachtarbeitszuschläge nicht Gegenleistung für die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden sind, sondern dem Gesundheitsschutz dienen. Nachtzuschläge müssen also zusätzlich zum gesetzlichen Mindestlohn gezahlt werden.
Anders hat das BAG nun hinsichtlich von Treueprämien und Schichtzulagen entschieden (BAG, Urt. v. 22.03.2017, 5 AZR 424/16). Eine vom Arbeitgeber für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde gezahlte Treueprämie und Schichtzulage sind mindestlohnwirksam. Der Arbeitgeber hatte im Fall des BAG beide Beträge neben der Grundvergütung als Teil der Vergütung für tatsächlich erbrachte Arbeit gezahlt. Beide Beträge können daher neben der Grundvergütung auf den Mindestlohnanspruch angerechnet werden.