Ist eine Weisung des Arbeitgebers nicht aus sonstigen Gründen unwirksam, hat sie ein Arbeitnehmer vorerst zu beachten – zumindest bis ein Gericht feststellt, dass die strittige Anweisung unverbindlich ist. Das hatte bereits im Jahr 2012 der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) entschieden (Urteil vom 22.02.2012, Az. 5 AZR 249/11). Der Arbeitnehmer darf sich demnach nicht über eine aus seiner Sicht unbillige Ausübung des Direktionsrechts einfach so hinwegsetzen. Nach Ansicht der Richter sei eine unbillige Leistungsbestimmung nur unverbindlich. Soweit die Verbindlichkeit aber umstritten ist, muss ein Gericht entscheiden.
Nach der aktuellen Auffassung des Zehnten Senats des BAG (10 AZR 330/16) sind Arbeitnehmer hingegen nicht verpflichtet, eine unbillige Weisung des Arbeitgebers zu befolgen. Sie müssen hiernach insbesondere keine entsprechende rechtskräftige gerichtliche Entscheidung, die die Unbilligkeit der Weisung feststellt, abwarten, bevor sie sich der Weisung widersetzen dürfen. Damit weicht der Zehnte Senat von der Rechtsprechung des Fünften Senats ab, bei dem er deshalb nachgefragt, ob dieser an seiner bisherigen Rechtsauffassung festhält.
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist bei der Beklagten als Immobilienkaufmann am Standort Dortmund beschäftigt. Im März 2014 weigerten sich Mitarbeiter der Beklagten, mit dem Kläger weiter zusammenzuarbeiten. Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie ihn für die Zeit vom 16.03. bis zum 30.09.2015 am Standort Berlin einsetzen werde. Da der Kläger die Aufnahme seiner Arbeitstätigkeit am Standort Berlin verweigerte, mahnte ihn die Beklagte mehrfach ab und kündigte schließlich das Arbeitsverhältnis fristlos. Der Kläger erhob u. a. Klage, um feststellen zu lassen, dass er nicht verpflichtet war, der Weisung des Arbeitgebers Folge zu leisten. Vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht hatte die Klage Erfolg. Über die Revision der Beklagten kann noch nicht abschließend entschieden werden, solange die gegenteilige Auffassung des fünften Senats jedoch besteht.
Der Zehnte Senat hat daher gem. § 45 Abs. 3 Satz 1 ArbGG beim Fünften Senat angefragt, ob dieser an seiner Auffassung festhält. Tut dies der Fünfte Senat nicht, müssen unbillige Weisungen des Arbeitgebers zukünftig nicht mehr befolgt werden. Hält der Fünfte Senat dagegen an seiner Rechtsauffassung fest, muss der Große Senat des BAG entscheiden.